Ärger um Hessischen Kulturpreis

Der Feuilletonüberblick "Perlentaucher" fasst einen Meinungsbeitrag von Joachim Güntner in der Neuen Zürcher Zeitung vom 14.05.2009 so zusammen:

Der Hessische Kulturpreis, der den interreligiösen Dialog würdigt, sollte in diesem Jahr an den Katholiken Kardinal Lehmann, den Protestanten Peter Steinacker, den Juden Salomon Korn und den Muslim Navid Kermani verliehen werden. Doch nach Lektüre eines Artikels von Navid Kermani in der NZZ über Guido Renis Bild "Kreuzigung", haben Lehmann und Steinacker es abgelehnt, den Preis mit ihm in Empfang zu nehmen. Kermani schrieb damals: "Für mich aber ist das Kreuz ein Symbol, das ich theologisch nicht akzeptieren kann, akzeptieren für mich, meine ich, für die Erziehung meiner Kinder. Andere mögen glauben, was immer sie wollen; ich weiß es ja nicht besser. Ich jedoch, wenn ich in der Kirche bete, was ich tue, gebe acht, niemals zum Kreuz zu beten. Und nun saß ich vor dem Altarbild Guido Renis in der Kirche San Lorenzo in Lucina und fand den Anblick so berückend, so voller Segen, dass ich am liebsten nicht mehr aufgestanden wäre. Erstmals dachte ich: Ich – nicht nur: man –, ich könnte an ein Kreuz glauben." So viel interreligiöse Toleranz müssen Lehmann und Steinacker erst mal aufbringen. Sollte man nicht ihnen den Preis aberkennen?

NACHTRAG: Diese Affäre schlug große publizistische Wellen.  Selbst Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) bezog Position. Laut Hessischer Rundfunk vom 26.11.2009 sprach er von einer "Staatsposse": Wenn Kermanis "kühner Artikel" über die Empfindungen eines Muslims bei der Betrachtung einer Darstellung der Kreuzigung Christi der Grund für die Entscheidung sei, dann solle der Staat "besser auf die Verleihung von Kulturpreisen verzichten", so Lammert. Am Ende ging dann alles doch noch schiedlich-friedlich mit der Verleihung an die vorgesehenen Preisträger und einer entschuldigenden Erklärung von Ministerpräsident Koch zu Ende, vgl. zu letzterer auch die kritische Darstellung "Preisabschlag für Kermani" von Patrick Bahners in der FAZ, 27. November 2009 (JE)

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